Chorleitung ist Geben und Nehmen
Ilona Baum gab den Taktstock an Bardo Becker weiter
Bardo Becker, vor wenigen Wochen vom Fachverband Deutscher Berufschorleiter zum Chordirektor ernannt, leitet jetzt den Kirchenchor "Cäcilia" der Katholischen Pfarrgemeinde "St. Sebastianus" und den Männergesangverein "Eintracht" Bad Bodendorf 1919. Mit dem Jahreswechsel löste er Ilona Baum ab, die den MGV ab Mai 2000 leitete, nachdem sie bereits im Jahr 1992 als Nachfolgerin des Andernacher Musiklehrers Hermann Josef Schluchtmann die Leitung des Kirchenchors übernommen hatte.
Dass der mit Ehefrau Edelgard Becker-Haase in Niederzissen lebende Bardo Becker nun die Leitung der Bodendorfer Chöre übernimmt, haben beide Seiten einer Empfehlung aus dem Männergesangverein "Liedertafel" 1884 Bad Breisig zu verdanken, den Becker seit zwei Jahren dirigiert. "Ich freue mich außerordentlich, einen Chor übernehmen zu können, der eine solch kompetente Leiterin wie Frau Baum hatte", sagte Becker jetzt in einem Gespräch mit der "Dorf schelle". Die bei Aachen lebende Ilona Baum habe ihre Chöre nach den neuesten Prinzipien der Chorleitung dirigiert. Lockerungsübungen, Einsingen und Stimmbildung – immer noch längst nicht überall üblich – hätten bei ihr fest ins Probenprogramm gehört "Die aparte und feine Intonation, Folgen dieses Trainings, ist mir sofort aufgefallen, als ich den Kirchenchor bei einem Konzert im November erstmals hörte", verrät Becker. Den Weg, den seine Vorgängerin mit den beiden Bodendorfer Chören beschritten hat, möchte er deshalb konsequent weiter gehen. Während der ersten Proben ließ der neue Leiter die beiden Chöre zwar ausschließlich Stücke singen, die feste Repertoire-Bestandteile sind. Das bisherige Repertoire möchte Becker nämlich weiter pflegen, aber auch ausbauen. Bei der Auswahl neuer Stücke will er sich zwar gern auf Bedürfnisse und Wünsche seiner Sängerinnen und Sänger einstellen. Er selbst wünscht sich aber, dass ihm seine Chöre auch die Möglichkeit geben, neue Dinge auszuprobieren – ein englischsprachiges Stück zum Beispiel.
"Ein Chor braucht Konzerte als Fixpunkte und als Ziele, auf die hin die Proben angelegt sind", meint Becker. Ein konkretes Konzert zu planen, dafür sei es jetzt zwar noch zu früh; "aber ich habe schon Einiges angedacht und mit dem MGV-Vorstand besprochen", verrät Becker. Am wichtigsten ist ihm aber, dass es seinen Sängerinnen und Sänger Spaß macht zu singen. "Und ich möchte bei den Proben auch selber Spaß haben," gesteht er. In Mainz wurde Bardo Becker 1950 geboren, und in Mainz wuchs er auf. Seinen ersten Klavierunterricht bekam er mit sechs Jahren; mit 16 leitete er zum ersten Mal einen Chor, den örtlichen Kirchenchor. Für den Kirchenchor des Nachbarorts war er Ersatzmann. Trotzdem machte er nach dem Schulabschluß erst einmal eine kaufmännische Lehre in einem Speditionsbetrieb. Dann bekam er eine Stelle im Mainzer Musikverlag Schott. Als Mitarbeiter der Abteilung für Chormusik war er für Werbung und für die Beratung von Chorleitern in Repertoirefragen zuständig. Beim ehemaligen Bundeschorleiter Rudolf Desch machte Becker dann den B-Chorleiterschein. "Davon zehre ich heute noch", berichtet er. Als er auf dem Zweiten Bildungsweg über das SWF 3-Telekolleg die Fachschulreife machte, stand sein Entschluss, Musik zu studieren, längst fest. Becker heiratete; und während seine Ehefrau bei einer Frankfurter Musikalienhandlung den Lebensunterhalt verdiente, studierte er Musik. Im Brohltal bekam Becker eine Kantorenstelle; deshalb zog das Ehepaar nach Niederzissen. Dann aber zog er die freiberufliche Arbeit als Chorleiter und Organist der Anstellung vor.
Einen Königsweg zur Lösung des Nachwuchsproblems, das beide Chöre plagt, kennt Becker nicht. Für die Nachwuchsprobleme der Chöre macht Becker vor allem den zunehmenden Individualismus in der Gesellschaft und das immer breiter werdende Spektrum an kommerziellen Freizeitangeboten verantwortlich. Sicher ist er sich, dass Singen bereits in die Kindergärten und in den Schulunterricht gehört, damit junge Menschen so früh wie möglich an die Musik heran geführt werden.
"Weil die Zahl der Alternativen und Ablenkungen immer größer wird, sollten die Chöre ihre Einstiegsschwelle niedriger legen als bisher," meint Becker. Für bemerkenswert hält er, dass sich Projektchöre mit begrenzter Laufzeit häufig enormen Zulaufs erfreuen können. Das zeige, dass es durchaus Interesse am gemeinsamen Singen gibt; es zeige aber auch, dass viele Menschen nicht mehr bereit sind, sich dauerhaft an einen Chor zu binden.
Der Altersdurchschnitt der Mitglieder vieler Chöre hat sich in den zurück liegenden 30 Jahren um zehn bis 20 Jahre erhöht. Und die jüngsten Chormitglieder sind heute vielerorten immerhin
auch schon 55 Jahre alt. Deshalb, meint Becker, sei es "nicht unbedingt zweckmäßig, mit der Mitgliederwerbung bei den 25- oder 30-Jährigen zu beginnen." Die Lücke, die altersmäßig
zwischen ihnen und den übrigen Chormitgliedern klafft, sei im Chor nämlich "nur selten dauerhaft zu überbrücken." Frauen und Männer, in den Chören sind zu den Proben willkomen, können sich aber zunächst auch mit den Vorsitzenden in Verbindung setzen. Der Männergesangverein "Eintracht" Bad
Bodendorf 1919 e.V. probt donnerstags von 19.30 bis 21 Uhr im Gasthaus Cholin. Vorsitzender ist Norbert Rauen, Hauptstraße 145, Tel. 0 26 42/4 37 95. Der Kirchenchor "Cäcilia" der Katho-
lischen Pfarrgemeinde "St. Sebastianus" Bad Bodendorf probt mittwochs von 19.45 bis 21.30 Uhr im katholischen Pfarrheim. Vorsitzender ist Johannes Menzen, Schützenstraße, Tel. 0 2642/41312. (asi)
Anmerkung:
Artikel stammt aus dem Mitteilungsblatt „Dorfschelle“ Autor: Herr Simons
Auch unser Chormitglied Herr Knorr kann darüber Auskunft geben, da er hierbei mitwirkt.